Sonntag, 9. November 2014

3. Tag - 08. November 2014 - Erster Tag der Jugendanhörung

Hello again,

heute morgen ging es mit der Metro wieder in Richtung Zentrum ins Museo de la Ciudad de México. Wir waren zu einer Veranstaltung eingeladen, in der es um die Situation der Jugend und ihrer Zukunftsperspektiven ging.
Seit drei Jahren wurde in ganz Mexiko zu diesem Thema gearbeitet. In Kooperation mit verschiedenen Organisationen und Vereinigungen wurden Dokumente und Aussagen dazu gesammelt. Heute wurden diese in einer offenen Anhörung vorgetragen. Die vielen Themen, die die Jugendlichen hier in Mexiko bewegen waren in vier Blöcke aufgeteilt. Übersetzt heißen diese sinngemäß: 

1. Ablehnung und Ausschluss der Jugend in der Politik und der demokratischen Freiheiten
2. Wirtschaftliche Gewalt gegen die Jugend
3. Ausschluss und Zerstörung der Kultur und der Bildung
4. Vertreibung der Jugendlichen vom Land, Zerstörung des Landes und der indigenen Identität für die zukünftigen Generationen. 
Über 25 Beteiligte sollten im Laufe des Tages zu Wort kommen. Eines vorneweg: bis zum Ende aller Aussagen haben wir es heute nicht geschafft.
Dafür haben wir uns mit einigen Fällen noch genauer beschäftigt, Interviews geführt und unsere Mitschriften strukturiert. Außerdem haben wir endlich unsere Bustickets für kommende Woche gekauft, denn dann geht es in den Süden Mexikos nach Ixtepec, Oaxaca. Dort werden wir ein paar Tage in der Migrantenherberge „Hermanos en el camino“ verbringen. Aber zunächst weiter im Text:
Da einige Teilnehmer verspätet anreisten, ging es mit guter 1,5-stündiger Verspätung um 10.30 Uhr los. Es folgten viele Stunden von Anhörungen. Betroffene Jugendliche und andere Teilnehmer waren aus ganz Mexiko angereist um ihre Geschichte zu erzählen. Die Missstände Mexikos waren uns allen aus der Vorbereitungszeit bekannt: Die Jugendlichen sehen sich um ihre Wahrnehmung als eigenständige Subjekte betrogen. Vielmehr sind sie den wirtschaftlichen Maßnahmen der Regierung ausgesetzt und sehen sich immer mehr als Objekte, die in der Gestaltung ihrer Lebenswelt fremdbestimmt sind. Soziale Proteste werden kriminalisiert und durch die damit verbundene Stigmatisierung sei es den Jugendlichen unmöglich, sich politisch zu äußern. Durch die Anhörung heute haben die Geschichten, die sonst immer nur mit anonymen Angaben in den Medien erscheinen, einen Namen und Gesichter bekommen. Beispielsweise kam als viertes ein junger Mann auf die Bühne. Man erfuhr nicht, wie er heißt, er legte direkt mit seiner Aussage los. Sie drehen ihm das Mikrofon leiser, denn seine Stimme hallt impulsiv durch den Innenhof. Doch das ändert nichts. Ich verstehe nicht jedes Wort, aber das ist auch nicht nötig. Es ist klar, was ihm am Herzen liegt. Er gestikuliert, redet schnell und laut. Er ist ein Student aus Ayotzinapa, Iguala im Bundesstaat Guerrero, der seit dem 26. September 2014 43 seiner befreundeten Mitstudierenden vermisst. Der Applaus im Anschluss dauert an und der junge Mann bleibt am Podium stehen. Im Publikum rufen sie „Vivos se los llevaron, vivos los queremos!“ (dt.: Leben hat man sie uns genommen, lebend wollen wir sie zurück!“) und „Zapata vive, la lucha sigue!“ (dt.: „Zapata lebt, der Kampf geht weiter!“). Hier ein Video dazu: 



Seit zwei Stunden sind wir jetzt alle zurück in der Unterkunft, sitzen noch gemütlich beisammen und sortieren eifrig unser Material. 

Weitere Infos zum Thema:
- Zum Fall der verschwunden Studierenden aus Iguala: http://www.tagesschau.de/ausland/iguala-studenten-101~magnifier_pos-0.html
- Zur Person Emilio Zapata/dem Zapatismus in Mexiko: http://de.wikipedia.org/wiki/Zapatistas 
- Homepage der Herberge in Ixtepec (englisch): http://www.hermanosenelcamino.org/english.html

Sarah

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