Hello again,
heute morgen ging es mit der Metro wieder in Richtung Zentrum ins
Museo de la Ciudad de México. Wir waren zu einer Veranstaltung
eingeladen, in der es um die Situation der Jugend und ihrer
Zukunftsperspektiven ging.
Seit drei Jahren wurde in ganz Mexiko
zu diesem Thema gearbeitet. In Kooperation mit verschiedenen
Organisationen und Vereinigungen wurden Dokumente und Aussagen dazu
gesammelt. Heute wurden diese in einer offenen Anhörung vorgetragen. Die
vielen Themen, die die Jugendlichen hier in Mexiko bewegen waren in
vier Blöcke aufgeteilt. Übersetzt heißen diese sinngemäß:
2. Wirtschaftliche Gewalt gegen die Jugend
3. Ausschluss
und Zerstörung der Kultur und der Bildung
4. Vertreibung der
Jugendlichen vom Land, Zerstörung des Landes und der indigenen Identität
für die zukünftigen Generationen.
Über 25 Beteiligte sollten im Laufe
des Tages zu Wort kommen. Eines vorneweg: bis zum Ende aller Aussagen
haben wir es heute nicht geschafft.
Dafür haben wir uns mit einigen
Fällen noch genauer beschäftigt, Interviews geführt und unsere
Mitschriften strukturiert. Außerdem haben wir endlich unsere Bustickets
für kommende Woche gekauft, denn dann geht es in den Süden Mexikos nach
Ixtepec, Oaxaca. Dort werden wir ein paar Tage in der Migrantenherberge
„Hermanos en el camino“ verbringen. Aber zunächst weiter im Text:
Da
einige Teilnehmer verspätet anreisten, ging es mit guter 1,5-stündiger
Verspätung um 10.30 Uhr los. Es folgten viele Stunden von Anhörungen.
Betroffene Jugendliche und andere Teilnehmer waren aus ganz Mexiko
angereist um ihre Geschichte zu erzählen. Die Missstände Mexikos waren
uns allen aus der Vorbereitungszeit bekannt: Die Jugendlichen sehen sich
um ihre Wahrnehmung als eigenständige Subjekte betrogen. Vielmehr sind
sie den wirtschaftlichen Maßnahmen der Regierung ausgesetzt und sehen
sich immer mehr als Objekte, die in der Gestaltung ihrer Lebenswelt
fremdbestimmt sind. Soziale Proteste werden kriminalisiert und durch die
damit verbundene Stigmatisierung sei es den Jugendlichen unmöglich,
sich politisch zu äußern. Durch die Anhörung heute haben die
Geschichten, die sonst immer nur mit anonymen Angaben in den Medien
erscheinen, einen Namen und Gesichter bekommen. Beispielsweise kam als
viertes ein junger Mann auf die Bühne. Man erfuhr nicht, wie er heißt,
er legte direkt mit seiner Aussage los. Sie drehen ihm das Mikrofon
leiser, denn seine Stimme hallt impulsiv durch den Innenhof. Doch das
ändert nichts. Ich verstehe nicht jedes Wort, aber das ist auch nicht
nötig. Es ist klar, was ihm am Herzen liegt. Er gestikuliert, redet
schnell und laut. Er ist ein Student aus Ayotzinapa, Iguala im
Bundesstaat Guerrero, der seit dem 26. September 2014 43 seiner
befreundeten Mitstudierenden vermisst. Der Applaus im Anschluss dauert
an und der junge Mann bleibt am Podium stehen. Im Publikum rufen sie
„Vivos se los llevaron, vivos los queremos!“ (dt.: Leben hat man sie uns
genommen, lebend wollen wir sie zurück!“) und „Zapata vive, la lucha
sigue!“ (dt.: „Zapata lebt, der Kampf geht weiter!“). Hier ein Video
dazu:
Seit zwei Stunden sind wir jetzt alle zurück in der
Unterkunft, sitzen noch gemütlich beisammen und sortieren eifrig unser
Material.
Weitere Infos zum Thema:
- Zum Fall der verschwunden
Studierenden aus Iguala: http://www.tagesschau.de/ausland/iguala-studenten-101~magnifier_pos-0.html
- Zur Person Emilio Zapata/dem Zapatismus in Mexiko: http://de.wikipedia.org/wiki/Zapatistas
- Homepage der Herberge in Ixtepec
(englisch): http://www.hermanosenelcamino.org/english.html
Sarah
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